Es gab Zeiten, da war ich sehr mit mir beschäftigt. Zu viel war passiert, das geheilt werden wollte. Damals hörte ich mit einem Ohr die Nachrichten aus dem Radio und zerbrach mir nicht weiter den Kopf.
So geht es vermutlich vielen. Oft war das gar nicht so falsch, manchmal ist es gewaltig falsch.
Wir schwimmen oft einfach mit unseren Meinungen in einer gemeinsamen Suppe, vornehm gesagt: die Herrschende Meinung. Kurz gesagt, wir gehen im Gleichschritt, ohne weiter nachzudenken.
So geht es mir selbst oft genug. Nun habe ich Zeit nachzudenken, zu reflektieren, nachzufragen. Selbst Dinge, die ich fast mein gesamtes Leben geglaubt habe, zu wissen, schaue ich an.
Lyndon B. Johnson war für mich über Jahrzehnte nur ein Kriegstreiber. Seinen Namen hatte ich nur mit Vietnam in Verbindung gebracht.
Ich hatte keine Ahnung.
Die wichtigsten Gesetze zu den Bürgerrechten. Das klingt theoretisch? Es ging um den Zugang zu Wahlen, den Voting Rights Act. Diese Gesetze ermöglichten eine Kontrolle und fairen Zugang. Der jetzige Vorsitzende des Obersten Gerichts meinte 2013 das Gesetz hätte sich überlebt. Es sei nicht mehr notwendig. Seit dem hat sich die Situationen von Jahr zu Jahr verschlechtert.
Medicare und Medicaid waren die Krankenversicherung für Personen ab 65 Jahren und besonders Bedürftigen. Erst der ACA, auch Obamacare genannt, der Affordable Care Act, ermöglichte einen Zugang für alle, die keine Versicherung durch ihren Arbeitgeber hatten.
Ich wusste nichts davon. Es waren die ersten wichtigen Schritte für eine sozialere Gesellschaft seit den 1930er unter FDR. Und es dauerte wieder 50 Jahre, denn auch wenn Obama für uns attraktiv war, Joe Biden brachte erst wieder wichtige Gesetze auf den Plan. Irgendwie lieben wir die attraktiven mehr als die effektiven.
Die Struktur des Congress muss einem bewusst sein, um Gesetze durchzubringen. Und weder Kennedy noch Obama hatten diese Erfahrung, jedoch Johnson und Biden hatten diese Erfahrung als Senatoren. Deshalb brachten sie Gesetze durch und die anderen nicht (die Gründe sind vielschichtiger, ich vereinfache hier). Beide haben wichtige Gesetze, die anscheinend nur Historiker im Blick zurück als wesentlich beschrieben werden, durchgebracht. Wir lieben aber diejenigen, die sich besser verkaufen konnten. Das ist wohl unsere Schande.
Lyndon B. Johnson war mir nur bekannt als Kriegstreiber. Doch erst 2016 wurde bekannt, dass Nixon im Wahlkampf die Friedensgespräche der Regierung Johnson hintertrieb. Johnson hatte zu jenem Zeitpunkt bereits beschlossen, nicht mehr anzutreten, sein Vize Hubert H. Humphrey verlor die Wahl.
Nachzulesen ist es u.a. hier in der New York Times.
Nixon Tried to Spoil Johnson’s Vietnam Peace Talks in ’68
Es zahlt sich also aus, skeptisch und neugierig zu bleiben. Nicht alles scheint, das zu sein, was es ist.