In einem sind sich machtgierige Politiker*innen einig, sie wählen jene Partei, die ihnen ermöglicht an die Macht zu kommen.
George Santos hat seinen ganzen Wahlkampf 2022 als Republikaner auf Lügen aufgebaut. Das führte letztlich zu einer Anklage und dem Rauswurf aus dem Kongress. Sein Versuch noch einmal als unabhängiger Kandidat anzutreten, scheiterte, keiner wollte ihm mehr nur einen Cent geben. Er hat aufgegeben.
Henry Cuellar, ein demokratischer Repräsentant aus Texas, wurde nun ebenfalls angeklagt. Bestechlichkeit wird ihm und seiner Frau vorgeworfen. Das Pikante, Cuellar hat für den Ausschluss von Santos auf Grund der Anklageerhebung gestimmt. Nun denkt er nicht daran, zurückzutreten.
Es ist einfach zu verführerisch, Geld zu nehmen.
Bei uns völlig unbekannt, war der Vizepräsident von Richard Nixon, Spiro Agnew. Zu ihm kamen sie mit Tüten (Bags) voll mit Geldscheinen. Schweren Herzens, aber voller Überzeugung haben die zuständigen Staatsanwälte, auf die Anklage verzichtet, wenn er zurücktreten würde. Er wäre sonst der Nachfolger von Nixon geworden, gegen den bereits die Untersuchungen zu Watergate liefen, die später zu dessen Rücktritt führten.
Wenn es dich näher interessiert, hier geht es zum Buch und sehr hörenswerten Podcast: „Bagman“ von Rachel Maddow.
Betrug, Bestechlichkeit, über Leichen gehen, Macht um jeden Preis hat nichts mit einer bestimmten Partei zu tun. Ich bin nur dankbar in einem Land zu leben, mit freier Presse und unabhängiger Justiz, denn sie brauchen wir, um solche Missstände aufzudecken.
Nun höre ich von einer jungen Politikerin, die Affären, Missbrauch anderen anhängt, Gerüchte verbreitet, über Journalisten und Politiker, aber auch Freunde. Die vom Standard recherchierte Geschichte wurde und am 8.5.2024 veröffentlicht. Der Standard hat mit 50 verschiedenen Personen gesprochen. Ich kann nur jedem empfehlen, sich selbst ein Bild zu machen und den Artikel zu lesen.
Mich macht es traurig. Ich habe mit 23 Jahren genau gewusst, was ich mache. Das Argument sie sei jung, lasse ich nicht gelten. Wenn man in der Welt der Erwachsenen spielen will, dann gibt es Regeln, die einzuhalten sind. Ich wäre eine der 500.000 potentiellen Wähler*innen gewesen. Ich wollte mich gerade etwas schlauer machen, als der Artikel erschien. Ich hätte gerne einer jungen Frau meine Stimme gegeben. Doch Frauen gibt es noch andere, die ich wählen kann.
Eines ist mir klar, es ist die absolute Minderheit von Politiker*innen, die aus reiner Machtgier so handeln. Das will und kann ich nicht vergessen.
Eigentlich sollte man sie als natürliche Erscheinung betrachten, sie treten auf, immer wieder, mit mehr oder weniger Erfolg.
Ich war auch Teil einer, und habe mich nun im Nachlesen in den Weiten der Vergangenheit verfangen. Denn mir wurde klar, dass mein ganzes Leben von Regierungen geprägt war, die Sparpakete beschlossen hatten. Eines nach dem anderen. Doch das ist ein Thema für einen weiteren – späteren – Beitrag. In meinem Leben wurde im Grunde immer etwas weggenommen und das einzige seltsame Zuckerl waren Steuererleichterungen. Zumindest ist das das einzige das mir einfällt. Nein, da war noch das Klimaticket als positives Give-away.
1987 hat die erste Große Koalition nach der Ära Bruno Kreiskys ein Sparpaket beschlossen. Ich wollte 1988 eigentlich meine Dissertation zu Ende schreiben und plötzlich stand ich da, keine Kinderbeihilfe, keine Freifahrt zur Uni, keine vergünstigte Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel, keine Krankenversicherung mit den Eltern mehr. Ich selbst konnte mich nur an die Kinderbeihilfe erinnern, aber es war noch ein ganzer Patzen mehr, die günstige Jahreskarte in Wien kam erst Jahrzehnte später, als Studenten konnten wir uns noch günstig selbst versichern, wofür ich vorher allerdings nichts zahlen musste. Nach Innsbruck, zu den Eltern zu fahren, wurde viel teuerer.
Ich habe mir einen Job gesucht, (den ich heiß liebte) war aber sofort bereit beim Streik, der an der Publizistik begann, meiner Studienrichtung, teilzunehmen. Heute frage ich mich, wie wir das alles koordiniert hatten, ohne Internet, ohne Handys, wir mussten immer vor Ort Informationen austauschen. Ebenso schwierig ist es, heute nachzulesen, wie die Rezeption auf jene Proteste war. Zeitungen aus jener Zeit sind online nicht verfügbar. Die österreichische Mediathek bietet nicht viel aus jener Zeit. Der ORF natürlich auch nicht.
Uns, mir und auch jenen, mit denen ich zu tun hatte, war klar, dass wir nicht die einzigen waren, die hier plötzlich mit erheblichen Kürzungen zu kämpfen hatten.
Wir hatten am 19.10.1987 nach einer Hörer*innenversammlung auf unserem Institut das Audimax der Uni Wien besetzt. Die nächsten Tage habe ich vielen zugehört, habe diskutiert, habe viel gelernt.
Ich habe mit Studienkolleg*innen begonnen Podiumsdiskussionen zu organisieren, nicht in besetzten Hörsälen sondern in ordentlich angemeldeten und reservierten Hörsälen, die schließlich nach dem Ende der Streiks stattfanden. Organisieren bedeutete auch Sponsoren zur Bezahlung der Hörsäle zu finden, koordinieren, kontaktieren, auch zahlreiche Gespräche mit Geladenen und auch jenen, die nicht wagten entgegen der Weisung des ORF-Generals auf die Bühne zu gehen. zu führen. Wir luden Medienvertreter ein über das Budget und die neue große Koalition zu sprechen, und letztlich fand eine große Veranstaltung im Audimax Wochen später statt, und zwar über die mögliche Abschaffung der damals berühmtesten Diskussionsendung des ORF, dem „Club 2“ zu sprechen. Ich saß mit Journalist*innen und Mediensprecher*innen der Parteien auf der Bühne. Ich gestehe, in der Vorbereitung habe ich viel Respekt vor hochangesehen Journalisten (es waren nur Männer!) verloren. Ich sah deren riesigen Wohnungen, selbst Häuser, Villenetagen, hörte deren Gejammer zu, selbst Anrufe mitten in der Nacht gab es, weil sie um ihr Wohlbefinden besorgt waren, während ich in meiner Studentenwohnung mit meinem Bad in der Küche lebte und mein Leben gerade auf den Kopf gestellt wurde und für einen Stundenlohn einer Reinigungskraft arbeiten ging.
Während meine Kolleg*innen einen Tag später nach der erfolgreichen Veranstaltung etwas trinken gingen, kam ich aus der Arbeit, konnte nicht mehr gerade gehen, weil mich eine böse Gastritis vor zu viel Stress warnte und ging mit Tränen in den Augen nach Hause (und hier sieht man, wie verloren man damals war, denn mein Freund ging mit den anderen feiern. Kein Handy, kein Hilferuf war möglich. Empathie bringe ich jetzt nicht ins Spiel.)
Das war im Jänner 1988.
Vom Studentenstreik im Oktober wurde von den Salzburger Nachrichten auf der Titelseite mit „170.000 Studenten im Streik“ berichtet.
Das für mich wesentlichste, was ich damals lernte, war, dass Zuhörer*innen populistische Redner mehr lieben, als jene, die bessere Argumente vorbringen, aber keine guten Rhetoriker sind. Ich hatte mich immer gefragt, warum die Massen Hitler zu jubelten. Nun hatte ich die Antwort, weil der Inhalt lange nicht so wichtig ist, als das hysterische Gemeinschaftsgefühl. Seit dem war ich mir sehr bewusst und war skeptisch, wenn Massen jubelten.
Am 4. November endete die Besetzung, wir arbeiteten weiter.
Für mich war es auch das Ende des Glaubens, dass politischer Protests irgendetwas bewirkt.
Zum Vergleich: 1969/1970 wurden unter der Regierung Bruno Kreiskys auf Druck der Studenten Studienkommissionen mit drittelparitätischem Mitspracherecht der Studenten eingesetzt. Erste Institutsvertretungen wurden gebildet, eine Demokratisierung der Universitäten (und Schulen) fand statt. 1973 schafft dieselbe Regierung die Studiengebühren ab.
1975 trat das neue Universitätsorganisationsgesetz in Kraft, in dem Mitbestimmung der Studenten bei universitären Entscheidungen festgeschrieben wurden.
Heute würde das Atomkraftwerk Zwentendorf in Betrieb gehen, 2000 Besetzer*innen einer Au würden kein Wasserkraftwerk mehr verhindern. Geschweige denn einen Bundeskanzler zum Rückzug bzw. Rücktritt zu bewegen.
1987 erklärte der Bundeskanzler der großen Koalition, Franz Vranitzky, gegenüber den Studenten „daß sich die Bewegung gegen einen Sozialabbau wende, den es in Österreich nicht gibt.“ (Ich wünschte, ich könnte die tatsächliche Quelle finden und nicht nur das Zitat, ich bitte mir zu verzeihen).
Beim Nachlesen über jene Zeit wurde mir klar, wie viele kleine Steine zu meiner Frustration führten.
Ps. Ich habe nun in meinen Büchern geschmökert (Ich habe sogar eines über Vranitzky selbst), diese Studentendemonstration hat nie stattgefunden.
Aber wenn ich mir die Zahlen anschaue, komme ich schlicht zu dem Schluss, dass niemand von diesen Spitzenkandidaten begeistert ist. Selbst der Spitzenreiter sammelt nicht einmal ein Viertel der Wähler*innen hinter sich. Ich spare mir die Namen, denn anscheinend interessiert es ja auch sonst keinen.
Die einstigen Großparteien sind geschrumpft und kämpfen entweder intern oder prinzipiell um ihr Programm. Ihre Identität stammt von einst, ob sie heute noch dazu stehen, ist mir nicht klar und so wie es aussieht, anderen auch nicht.
Wenn jene Partei, die am besten laut protestiert, am meisten Stimmen hinter sich reiht, sagt dies wenig über deren Programm mehr über die Unzufriedenheit der Österreicher*innen aus.
Jene Kleinpartei mit Programm hingegen, kämpft um den Verbleib im Nationalrat. Und manche hoffen, mit Bier protestiert es sich besser.
Ich gestehe, wenn ich eine Lösung wüsste, ich würde sie unentgeltlich zur Verfügung stellen. Ich weiß nur eine, ein starker Mann oder eine starke Frau ist keine Lösung. So habe ich einige Male meine Problemlösung begonnen, mit dem Wissen, was ich sicher nicht will.
Weil wir Österreicher so gerne abschätzig auf die USA schauen, zeige ich gerne immer wieder, was wir lernen können. Oder wo wir gewarnt sein können.
1967 trat der Freedom of Information Act unter Lyndon B. Johnson in den USA in Kraft. Das dritte Land weltweit!
2025 wird mit dem Informationsfreiheitsgesetz das österreichische Amtsgeheimnis zu Grabe tragen.
59 Jahre hat Österreich gebraucht, um ein vergleichbares Gesetz zu verabschieden.
Keine Sorge, begeistert sind die Regierungen in den USA auch nicht immer, denn lästig ist es allemal, wenn Journalist*innen nachfragen, hinter den Vorhang schauen. Wie immer wird hier wie dort um Verbesserungen gerungen, nur in den USA schon seit mehr als einem halben Jahrhundert. Skandale hat es gegeben, aber in Wahrheit ist gerade dies ein Zeichen der Stärke einer Demokratie, dass Missbrauch aufgedeckt wird. Anstatt zu Jammern, dass es schon wieder einen Skandal gibt, sollten wir froh sein, dass wir davon erfahren. Autokratische Staaten verstehen dies zu verhindern, durch Eingriffe in Justiz und eine freie Medienlandschaft.
Österreich hat sich lange gewehrt, Beamtenstaat hat einen völlig anderen Klang in unserem Ländchen, ein gelungener Schutz für Regierung und Beamt*innen gegen neugierige Bürger*innen. Ich gestehe, als ich dies in der Bibliotheksausbildung lernte, dachte ich mir, wenn mir tatsächlich ein Skandal unterkommen würde, würde ich dafür auch ins Gefängnis gehen. Denn es widersprach meinem demokratischen Empfinden auch schon vor 30 Jahren. Denn eines war mir klar, wird das Amtsgeheimnis verletzt, kann es dienstrechtliche, arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben. Leider finde ich nicht, den einen Fall, wo ein Bibliothekar angezeigt wurde, nach 30 Jahren kann ich mich auch nur vage erinnern.
Berühmt ist Österreich auch für das Metternich’sches System – bis heute Inbegriff von Verfolgung und Unterdrückung von Demokratie, Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Das Amtsgeheimnis ist seit 1925 in der Verfassung verankert. Das bedeutete, es brauchte eine Zweidrittelmehrheit um es endgültig aufzuheben. Und ebenso um das Informationsfreiheitsgesetz in der Verfassung festzuschreiben.
Damit ist Österreich das letzte demokratische Land in Europa, das eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht hat. Und nicht nur europaweit, das kleine Palau mit 18.000 Einwohner hat auch keines.
Wie immer, wenn ich eines nachschaue, finde ich etwas Anderes erstaunliches. 1766 hat das erste Land ein solches Gesetz verabschiedet, noch vor der französischen Revolution, vor der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, war Schweden das erste, das ein solches beschloss. Da gab es noch einiges hin und her, aber es war das erste „Tryckfrihetsförordningen“, Gesetz über die Pressefreiheit, wo die Informationsfreiheit festgeschrieben wurde, während wir ein ausgeklügeltes Spitzelwesen unter Metternich entwickelten. Finnland schließlich das 2. 1950 und die USA 1966 als drittes.
Wie auf der Webseite ersichtlich, ist es kein monolithischer Block, der Zugang zu Informationen ist unterschiedlich, gesetzlich festgeschrieben ist es auch in Ländern, wo ich den Zugang tatsächlich bezweifle. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jetzt freue ich mich einmal über einen ersten Schritt zur Informationsfreiheit.
Habe ich irgendeine Ahnung? Schön wär‘s. Ich bin im Juristendeutsch verloren, ich brauche Übersetzer, Menschen, die mir die Feinheiten erklären. Aber nicht mit weiteren abstrakten Abhandlungen. Ich brauche Beispiele. Wir brauchen Recht nicht theoretisch sondern für unser alltägliches Zusammenleben.
Was mir fehlt, habe ich wieder einmal durch die USA gelernt. Denn wenn immer ich dort etwas höre, schaue ich auch nach vergleichbaren Einrichtungen in Österreich.
Nachdem ich in den USA gehört hatte, dass der eine oder andere Generalstaatsanwalt, kürzlich in Arizona, Kris Mayes, Attorney General, Anklage gegen die Fake-Wahlmänner erhoben hat, fragte ich mich, mit was man diese Funktion in Österreich vergleichen kann.
Gar nicht.
Wir haben so etwas nicht. Und die Vorstellung, dass ein Generalstaatsanwalt gar noch alle 4 Jahre gewählt werden würde, wäre noch seltsamer für uns. Dass sie gar einer Partei zugehörig wären, noch seltsamer. Und doch, hat es was, denn während der republikanischen Generalstaatsanwalt keine Klage gegen diesen versuchten Wahlbetrug einbrachte, hat Mayes, Demokratin, nun Anklage erhoben.
Aber um noch eine gewaltigen Unterschied hervorzuheben, es gibt einen Grand Jury, eine große Jury, groß, weil sie meist aus vielen Mitgliedern besteht. Vor ihr muss die Staatsanwaltschaft präsentieren, ob ihr Anfangsverdacht groß genug ist, um zu einem Gerichtsverfahren zu führen. Es war nicht die Staatsanwaltschaft von New York alleine, die zur Anklage von Donald Trump führte, sondern die Grand Jury hat sich monatelang – von der Öffentlichkeit verborgen – die Argumente der Staatsanwaltschaft angehört, bevor sie eine Anklage empfohlen hatten. Wenn man das weiß, wird das Argument Trumps, dass Biden nur irgendetwas mit der Anklage zu tun hat, absolut lächerlich. Nicht nur, dass es sich hier um eine Anklage eines Bundesstaates handelt, es war auch eine Grand Jury, die dies befürwortete.
Hier wird vielleicht klar, warum ich anhand eines anderen Landes Ideen für Österreich sammle. Denn ohne USA wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, über einen Generalstaatsanwalt oder Bundesstaatsanwalt zu recherchieren, um festzustellen, dass es wieder einmal Zeit ist, sich zu schämen.
Wir leben tatsächlich in einer Operettenrepublik, denn anscheinend kommen wir ohne EU gar nicht auf Idee, dass wir eine unabhängige und weisungsfreie Bundesstaatsanwaltschaft oder Generalanwaltschaft brauchen, die frei von politischer Beeinflussung ihre wichtige Funktion ausübt. Und um diesen Status zu betonen, habe ich keinen aktuellen Artikel gefunden, denn wir warten bis die EU uns wieder daran erinnert, dass wir keine Bundesanwaltschaft haben, wie im Kurier 2023: Justiz: EU-Kommission übt Kritik an Österreich.
Jedoch anderes als kurze Notizen zu dieser Kritik finde ich nicht. Ich bin also wieder an jedem Punkt angelangt, zu bedauern, in einem kleinen Land und dementsprechend kleiner Medienlandschaft zu leben.
Also lese ich jetzt den Endbericht 2022 zur Schaffung einer Bundesanwaltschaft, denn aktuelleres fand ich nicht.
Aber was soll‘s, die letze Strafrechtsreform in Österreich ist gute 50 Jahre her, 1974 beschlossen, am 1.1.1975 in Kraft getreten. Ein wichtiger Teil war die Fristenlösung, bei der kleinen Reform 1971 wurde Homosexualität entkriminalsiert (die Fristenlösung ist immer noch im Strafgesetzbuch!)
Das Ziel einer unabhängigen Bundesanwaltschaft oder Generalanwaltschaft ist, das Weisungsrecht der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Justiz auszulagern, weil es – trotz Einrichtung des unabhängigen Weisungsrats, dessen Empfehlungen jedoch nicht bindend sind – zum Anschein einer politischen Einflussnahme beiträgt.
Ich wäre froh, wenn ich juristische Diskussionen darüber lesen, lieber hören, könnte, statt mich durch den Endbericht zu quälen. Ich mag Experten, die mir auf Laiendeutsch das noch einmal näher bringen.
Denn ich wäre durchaus für eine Befristung, aber das für und wider wird hier nicht angeführt, nur dass die Mehrheit für eine unbefristete Bestellung sind. Auch was sie unter Verschärfung des Dienstrechts, das ja nicht nur im Justizministerium gelten soll, verstehen, wird nicht weiter erörtert. Darüber sollte angesichts des Falls zu Egisto Ott eigentlich nicht mehr diskutiert werden müssen.
Wie nett, dass die Arbeitsgruppe die Notwendigkeit einer Verbesserung der Medienarbeit sieht. Also genau das, was ich hier bekrittle, es gibt einfach wenig. Ich wünsche mir aber auch Juristen als Journalisten, die mir das übersetzen, was so trocken präsentiert wird. Allein, dass es keine Diskussion über diesen Endbericht gibt, finde ich verwunderlich.
Die Möglichkeit viele unterschiedliche Erklärungen, Artikel, Podcasts zu vergleichbaren Themen zu hören, zu lesen, geht mir ab. Ich habe Zeit und Muse, mir Informationen zusammenzusuchen, die mich interessieren, aber im alltäglichen Nachrichtenfluss verloren gehen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als einiges einfach wiederholt zu lesen oder hören.
Klar wurde mir das wieder einmal, als ich lesen musste, dass der letzte Spionageskandal Österreichs politisch keine Auswirkungen hat, weil Menschen anscheinend zu wenig wissen bzw. es zu kompliziert ist.
Ich kann hier nur wieder einmal auf meinen Lieblingspodcast hinweisen. Inside Austria
Ps. Ich habe mir nun die Leserbriefe in Kurier und Standard zu dem Bericht der EU durchgelesen und bin erschüttert, wie mangelhaft das Verständnis zur Justiz und ihren Mechanismen in Österreich ist. Denn genau das möchte der Bericht, eine Verbesserung der Justiz. Es reicht nicht, auf Versäumnisse und Desavouierung der Justiz in Ungarn oder Polen (durch die vorletzte Regierung, die jetzt wieder repariert wird) hinzuweisen, eigene Fehler soll man auch sehen. Oder positiver formuliert, es gibt immer Wachstum zu mehr Gerechtigkeit.
1979 begann C-Span Übertragungen aus dem amerikanischen Kongress, seit 45 Jahren wird nun berichtet. Natürlich hat es immer wieder Probleme gegeben und man hat Adaptierungen durchgeführt. Etwa als Newt Gingrich 1984 vor leerem Saal seine Reden hielt, da aber nur eine Kamera, die auf ihn hielt, lief, wusste die Öffentlichkeit nichts davon. Herr der Kamera war aber Tip O’Neill, Sprecher des Repräsentantenhaus und der ließ die Kamera schließlich über die leeren Bänke schwenken. Das führte damals zu einem großen Skandal. Heute gibt es mehrere Kameras, Diskussionen gibt es immer noch. Sitzungen von Untersuchungsausschüsse gibt es öffentliche und nicht öffentliche. Anwälte sitzen immer wieder neben den Zeugen.
Ein Untersuchungsausschuss lief wie ein Krimi ab, aber er war alles andere als typisch. Sie hatten tatsächlich Regisseure beschäftigt, um es spannend zu gestalten: January 6th Committee Public Hearings.
Die Sitzungen im US-Kongress sind in Realität nicht immer spannend. Aber manche Abgeordnete schicken ihre Auftritte an jene, die ihre Newsletter abonniert haben. Andere legen wirklich gute Auftritte hin, wo viel erklärt wird. Diese bekommt man doch immer wieder auch in diversen Nachrichtensendungen zu sehen. Ich kenne deshalb mehr amerikanische Politiker als in Österreich.
10 Stunden 6 Minuten und 17 Sekunden
dauerte die letzte Live-Übertragung am 17.4.2024 aus dem österreichischen Parlament im ORF. Für 30 Tage kann sie nachgeschaut werden, anscheinend ist das der Informationsauftrag, für den ich jetzt mehr zahle. Also verweise ich wieder mal auf YouTube, da stellt jemand die ORF-Übertragungen der Sitzungen ein.
5 Tage später habe ich in 3 österreichischen Tageszeitungen keine Erwähnung gefunden. (Bis auf jene Fälle, die schon vorher Thema waren, wie unser ganz spezielle Spionageaffäre) Allerdings kann man sie auf der Parlamentswebseite nachschauen, ich weiß nicht, wie lange der Link korrekt ist.
Zur Nationalratssitzung selbst habe ich 4 Videos auf YouTube gefunden.
Tja … irgendwie beschämend. Wundern sich Politiker*innen wirklich, dass sie nicht beliebter sind? Was sie im Hohen Haus präsentieren, ist so spannend, dass niemand darüber berichtet. Als ob sie in einer Blase leben und nicht verstehen, dass wir sie nicht verstehen. Wahrscheinlich hat keiner Lust sinnentleerte Reden über fertig gebackene Gesetze zu hören.
Wie seltsam anders Fragestunden im österreichischen Parlament im Gegensatz zu den USA abläuft. Bei uns von der Regierungsbank herunter, also von oben herab, während Regierungsmitglieder in den USA unten sitzen und der Vorsitzende des jeweiligen Ausschusses, der das Hearing hält, oben sitzt. Im Grunde ist dies das Ergebnis der unterschiedlichen Form der Gewaltenteilung. Die Legislative ist in den USA tatsächlich in der Hand des Kongresses, der Präsident kann „nur“ verhandeln, bei uns werden Gesetze hauptsächlich durch die Regierung eingebracht. Keine Angst, das verstehen dort wie bei uns die wenigsten.
Trotz allem plädiere ich für weitere Übertragungen. Ich will das Untersuchungsausschüsse übertragen werden.
Es ist ein Unterschied, ob ich etwas lese oder höre und sehe.
Nicht alles, was übertragen wird, ist herausragend. Aber ich habe einige Herausragende gesehen.
Ich weiß noch, wie ich mich sträubte, mir den Prozess wegen des Mordes an George Floyd anzuschauen. Wie überrascht war ich, wie ruhig der Prozess ablief, wie klar ich folgen konnte. Das war nicht wie bei den Reality-Shows, wo Anwälte wild rumschreien. Es war zivilisiert. Nur eines bedauere ich, nicht jeder Bundesstaat der USA überträgt. Deshalb wird der Prozess gegen Donald Trump im Bundesstaat New York nicht übertragen.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat begonnen zumindest die Argumente, die vorgebracht werden, auch als Hörprotokoll zur Verfügung zu stellen.
Den Prozess in Georgia wird man sehen können, jene von Jack Smith im Auftrag des Justizministeriums nicht.
Auch wenn vielleicht nicht alles von Anfang an klappen würde, dass die ÖVP die Übertragung von Untersuchungsausschüssen wieder einmal auf die nächste Legislaturperiode nach den kommenden Nationalratswahlen verschiebt, während die anderen dafür sind (ob die FPÖ nachwievor dafür ist, kann ich heute nicht sagen. Das wird sich wohl nach Thema ändern), spricht für sich.
Manche Menschen machen das zu ihrem Programm und viele von denen denken, dass alle anderen auch so ticken. Das tun sie nicht.
Ich habe erst angefangen, taktisch zu denken, als man mir schon ein Messer reingerammt hat. So zu denken, mag ich nicht, vorsätzlich mache ich es erst recht nicht, selbst aus der Defensive heraus, führte es bei mir zu schweren Magenschmerzen. Ich bin echt untalentiert, wenn es darum geht hinterfotzig zu sein.
155.940 Euro haben wir Steuerzahler geblecht, um jemanden mit folgendem Profil zum Bundeskanzler zu machen.
Eigentlich habe ich nur an hinterfotzig gedacht, dann ist mir Sebastian Kurz eingefallen, dann habe ich gegoogelt und bin auf die im Auftrag und auf Rechnung des Finanzministeriums (unter der Anleitung des einstigen BMF-Generalsekretärs Thomas Schmid) angefertigte Studie gestoßen. Ich hatte das nicht im Auge. Ich war überrascht und auch nicht, brachte ich dieses einfache Wörtchen „hinterfotzig“ ja selbst mit ihm in Verbindung.
Der einzige Trost ist, dass es unter anderem diese Studie war, den „hinterfotzigen und über Leichen gehenden“ Bundeskanzler zum Rücktritt zu bringen.
Immer wieder höre ich wie man mit Entsetzen über amerikanische Zustände berichtet, was mich noch viel mehr erschüttert, ist, wie oft ich an österreichische Parallelen denke, oder wie naiv wir sind.
Wenn wir einen „Master of the Universe“ wählen, aber über die Wahl von Donald Trump lachen. Hübscher und jünger, aber sonst?
Er hatte kürzlich einen Notartermin (was sagt es über mich, dass ich Notarzttermin gelesen habe), um sein Firmenkonstrukt neu aufzusetzen. Zugleich hört und liest man derzeit über das komplizierte Konstrukt von René Benko oder dem Wirecard-Skandal (oder mehr von Jan Marsalek) und deren Verbindungen in die Politik und vielleicht auch in die Welt der Spionage.
Genau in diesem Moment musste ich daran denken, was ist, wenn nicht nur Marsalek , der in Russland untertauchte und von dort aus immer noch Agenten (auch österreichische) dirigierte, sondern auch Benko Verbindungen nach Russland hat. Heutzutage ist es einfach, kurz gegoogelt und Russisches Geld für Signa war gefunden.
Sind wir in Europa wirklich so naiv? Können wir eins und eins nicht zusammenzählen? Glauben wir wirklich, der Krieg beginnt erst, wenn Bomben fallen?
Die nächsten Tage werde ich mir den Beitrag mit vielen Links zu weiteren Beiträgen der Deutschen Tagesschau „Der Krieg in den Netzen“ zu Gemüte führen.
Heute habe ich nur frei assoziiert und zuletzt musste ich daran denken, dass Robert Mueller als Special Counsel „Russian interference in the 2016 United States elections“ eine weitreichende und systematische („sweeping and systematic“) Einmischung in die Wahlen 2016 belegte, die zur Präsidentschaft von Donald Trump führte.
Recht kann spannend sein. Als ich mir den Gesetzestext zur Abtreibung, raussuchte, staunte ich. Denn im Paragraph über dem §97, dem zur Fristenlösung, kann jeder nachlesen, dass die Abtreibung selbst verboten ist.
Es ist Zeit, wieder und immer wieder darüber zu sprechen, so wie vor 50 Jahren im österreichischen Parlament. Der Kompromisslösung Abtreibung straffrei zu stellen, trat nach einigen Hindernissen am 1.1.1975 in Kraft.
Straffrei bedeutet aber, es gibt etwas, das unter Strafe steht. Und das findet sich einen Paragraph oberhalb.
§ 96. StGB
(1) Wer mit Einwilligung der Schwangeren deren Schwangerschaft abbricht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen, begeht er die Tat gewerbsmäßig, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(2) Ist der unmittelbare Täter kein Arzt, so ist er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, begeht er die Tat gewerbsmäßig oder hat sie den Tod der Schwangeren zur Folge, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(3)Eine Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft selbst vornimmt oder durch einen anderen zuläßt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
Abtreibung ist kein Thema über das Frauen einfach sprechen. Auch die Annahme, dass sie leichtfertig durchgeführt wird, bezweifle ich, das gilt mit Sicherheit für die meisten Fälle. So etwas macht niemand so nebenbei.
Allen, die meinen, dass ein Verbot Abtreibungen verhindert, widerspreche ich. Das einzige, was das Verbot mit Sicherheit mit sich bringt, ist eine Gefährdung der Frauen. Das alleine ist für mich Grund genug, mich dafür einzusetzen.
Der große Vorteil, alt geworden zu sein, ist, dass ich mein eigener Zeitzeuge geworden bin. Denn oft wurde nicht darüber gesprochen, aber es wurde – meist im Stillen.
Das erste Mal erzählte mir eine andere Frau, ein Teenager, eigentlich ein Kind, mit 12 oder 13 Jahren, eine Mitschülerin, entweder vor oder knapp nach der Legalisierung von ihrer Abtreibung. Das hat mich mehr beeinflusst, als mir damals bewusst war. Ich war zu jedem Unsinn bereit, aber ich wollte mit keinem Mann schlafen, mit dem ich nicht bereit war, auch ein Kind zu haben. Trotz meines schlechten Rufs, war ich 21, als ich zum ersten Mal mit einem schlief. Derjenige wusste nichts davon, ich erzählte es ihm nie. Warum ich kein Jungfernhäutchen mehr hatte, ist ein anderes Thema. So wie ich mich damals entschied, keine Abtreibung durchführen zu wollen, wann immer ich schwanger werden könnte. Auch davon erzählte ich niemandem. Heute spreche ich zum ersten Mal davon.
In der Zwischenzeit lernte ich von vielen Frauen, die vor 1975, vor der Fristenlösung, abtrieben.
Meine Mutter war eine davon, und ich wage zu behaupten, sie wurde von meinem Vater unter Druck gesetzt. Und sie hat ihm nie verziehen. Manchmal spürt man Ungereimtheiten und hat keine Ahnung, was nicht stimmt. Das ist der Kern von Familiengeheimnissen, unbewusst weiß man, es stimmt was nicht. Es war die Zeit um die Alzheimer-Diagnose meiner Mutter, als ich mehr zu meiner Kindheit wissen wollte, sehr unschuldig, nicht ahnend, was ich auslöste. Ich fragte, ob ich öfters bei meiner Großmutter schlief, denn in meiner Erinnerung war es nur eine unheimliche Nacht. Sie antwortete, nur einmal, als sie mit meinem Vater und ihrem Schwager nach Wien zur Abtreibung fuhr. Weiters sagte sie, wie furchtbar es war, wie hocherfreut ich auf sie zurannte. Wie konnte ich mich freuen, wenn es ihr so schlecht ging? Dass ich etwa 7 oder 8 Jahre alt war, spielte in ihrer Erinnerung keine Rolle. Ich verstand aber einiges nach 35 Jahren. (Dass mein Vater mich zu beschimpfen begann, dass ich mit diesen Fragen bei meiner Mutter viel Schmerz auslöste, wunderte mich nicht. Ich hatte endlich Antworten und blieb meiner Rolle als schwarzes Schaf der Familie treu.)
Es kam noch schlimmer, als ich ein anderes Mal fragte, ob Mutters Krebs ein gut- oder bösartig war, nachdem ich jeder und jedem Frauenarzt seit Jahrzehnten sagte, dass meine Mutter Gebärmutterkrebs hatte. Weder meine Mutter noch mein Vater konnten sich erinnern. Sie blickten nur verlegen von mir weg. Nur, dass sie so blutete, dass mein Vater fürchtete, dass sie sterben würde, erzählte er. Das war 1969. Ich habe keine Erinnerung, wie ich die Tage alleine mit meinem Vater verbrachte. Dieses Faktum wusste ich, wie ein Fakt aus dem Geschichtsbuch, ohne emotionale Verbindung. Ich war 7 Jahre alt.
Solch seltsame Bilder habe ich einige, Schnappschüsse, die ich nicht miteinander in Verbindung brachte.
Erst als ich darüber nachdachte, die Puzzleteile, die ich zu unterschiedlichen Zeiten sammelte, zusammenfügte, wurde mir klar, dass es kein Krebs war, sondern Ergebnis dieser Abtreibung, bei der sie letztendlich unfruchtbar wurde.
Das sind Ergebnisse, wenn Abtreibungen illegal sind.
Es ist Zeit, Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Ps.
1. Meine Mutter war nicht die einzige Mutter, von der ich weiß, dass sie abgetrieben hat, als es illegal war. Und warum mein Onkel wusste, wo man abtreiben kann, sagt wohl genug. 2. Das Problem haben nicht nur wir in Österreich
Es gibt zwei Themenschwerpunkte, bei denen ich schwach bin, aber sehr interessiert. Volkswirtschaft ist der eine, Jus, Recht, der andere. Ich hatte gute und weniger gute Lehrer, doch den wenigen, die Recht spannend machten, bin ich sehr dankbar. Das konnten die vielen nicht so guten nicht zerstören.
In meiner kindlichen Naivität dachte ich nach der Matura, Jus würde bedeuten Gesetze auswendig zu lernen. Nichts von Interpretation, von Strukturen des Rechtssystems und möglichem Missbrauch desselben kam mir damals in den Sinn.
Heute, Jahrzehnte später, habe ich mit Richtern und Rechtsanwälten nur bei meiner Scheidung zu tun gehabt. Ich habe mich gut mit dem Richter unterhalten und war seltsam berührt, dass ich mehr von einer aus Innsbruck stammenden Rechtsanwältin geschieden wurde, als von meinem Mann, der, aus welchen Gründen auch immer, es nicht wert befand, selbst zu erscheinen. Feigheit? Angst, sich der Realität zu stellen? Egal, mir wurde es bewusst, als ich Wochen vorher die Scheidung einreichte, da saß ich alleine im Gang des Gerichts und mir wurde klar, es ist vorbei. Damals war ich traurig, bei der eigentlichen Scheidung habe ich mich mit dem Richter gut unterhalten. Der Ablauf war problemlos und der Richter bleibt mir in guter Erinnerung.
Andere Erfahrungen sind weiter hergeholt, denn sie haben mich nicht persönlich betroffen, nur Menschen, die ich kenne. Einmal ein Mann, der unter der Woche Straßen asphaltierte, am Wochenende pfuschte, um ja Geld heimzubringen. Seine Frau stattdessen bestellte und bestellte aus Katalogen und dem Internet und bezahlte nicht. Der zuständige Richter fand, er hätte es wissen müssen. Neben dem Privatkonkurs mussten beide ins Gefängnis. Ihn besuchte ich, kaufte Weihnachtsgeschenke für seine Kinder und verstand die Welt nicht recht. Würde eine Frau eingesperrt werden, weil ihr Mann einem Kaufrausch oder Spielrausch unterlag? Sie müsste dass doch auch wissen, so wie mein Bekannter.
Oder bei einer Nachbarin, die den Lügen einer anderen Nachbarin, die spielsüchtig ist/war, aufsaß. Es wusste niemand, und sie suchte durchaus Menschen, die sie bemitleiden würde. Mir z.B. erzählte sie von ihren schweren Depressionen. Sie lotete aus, wer ihr glauben würde. Beim Prozess war es wohl so, dass das Opfer selber schuld zugeschrieben und der Betrügerin großes Verständnis entgegengebracht wurde. Diese wanderte ins Gefängnis und erhielt psychologische Beratung (nachdem sie zum wiederholten Male aus dem gleichen Grunde verurteilt wurde und an Therapien erfolglos teilnahm). Das Opfer hingegen war selbst schuld, das Geld wurde nicht zurückbezahlt, weil auch dies eine falsche Geschichte war, die dem Gericht präsentiert wurde, sie schlitterte letzendes in ein Burnout und litt an schweren körperlichen Beschwerden.
Das waren meine persönlichsten Kontakte mit dem Rechtssystem. Empfand ich, dass hier wirklich Recht gesprochen wurde? Wurden die richtigen bestraft? Ein bitterer Geschmack breitet sich aus.
Und ich musste an Julian Hessenthaler denken. Ob er ein guter Mensch ist, weiß ich nicht. Da Herstellung oder Verbreitung des Ibiza-Videos nach spanischem Recht nicht gesetzeswidrig ist, wurde ihm Kokainhandel unterstellt. Den Ablauf des Prozesses empfinde ich als äußerst fragwürdig, da wurde jemand bestraft, von dem ich nicht überzeugt bin, dieses Verbrechen (nämlich Drogenhandel) begangen zu haben. Eine seltsame Form von Rache und Zurechtweisung kommt mir da eher in den Sinn. Zum Nachlesen.
Ich schäme mich stellvertretend für alle, die im österreichischen Rechtssystem arbeiten. Staatsanwälte, die Razzien beantragen, die später als verfassungswidrig verurteilt werden und kein schlechtes Gewissen haben, es im Gegenteil immer noch als rechtens empfinden. Ich schäme mich. Richter, die sich widersprechende drogensüchtige Zeugen als glaubwürdig bezeichnen, weil deren Widersprüche nur zeigen, dass sie sich nicht abgesprochen haben, erhöhen nicht mein Vertrauen. Also, wenn jemand eine Aussage bestätigt, ist er weniger glaubwürdig? Was für ein Rechtsverständnis hat dieser Richter?
Ich gestehe, bevor Donald Trump in seinem Mar-a-Lago Ressort Kisten von klassifizierten Dokumenten illegalerweise aufbewahrte, war mir die Tragweite von Unterlagen der Geheimdienste nicht wirklich klar. In den USA werden regelmäßig Menschen verurteilt, die mit diesen Dokumenten nicht sorgsam umgehen. In Österreich lässt die Staatsanwältin Polizisten einer Spezialeinheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität solche Dokumente (und Computer) beschlagnahmen, egal ob jene die notwendigen Sicherheitsfreigaben haben oder nicht.
Ich schäme mich und ich finde, in unserem Justizsystem gehört anständig aufgeräumt. Es ist eine Schande.
Endlich habe ich einmal die Möglichkeit in Österreich Medien zu vergleichen, denn das Hauptthema der vergangenen Tage ist Österreichs Spionageaffäre. Ich höre mich durch mir bekannte und unbekannte Podcasts und lerne.
“Das sieht man zum Beispiel bei der BVT-Razzia. Ich glaube, da hat zum Beispiel die WKStA nicht ganz den Überblick gehabt, was sie mit so einer Razzia international und national auslösen kann.”
Plötzlich fällt dieser kleine Nebensatz und ich denke mir, stimmt das so? Ich selbst habe meine eigenen Gedanken und auch Vorbehalte gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, aber der Skandal dieser Razzia ist nicht alleine auf deren Mist gewachsen. Der Eindruck jedoch durch diesen nur beiläufig genannten Satz ist, dass diese Einheit selbst entweder korrupt oder schlicht unfähig ist.
Das stört mich und ich beginne zu graben. Denn ich habe das ein wenig anders in Erinnerung. Ich gestehe, ich bin kein Fan von zu vielen Details, ich will einen groben Überblick gewinnen und der war, als dieses Drama begann, nicht möglich. Zu vieles war unbekannt und wurde erst über die Jahre klarer und sichtbarer. Wenn ich mich jetzt auf dieses Spiel einlasse, lese ich da und dort und dann nochmal und wieder, und die Dämmerung der Erkenntnis beginnt. Jetzt habe ich endlich die Möglichkeit ein Bild zu sehen. Anscheinend ist die Geschichte noch immer nicht fertig, denn mein Wunsch, ein Buch darüber zu lesen, verhallt bislang ungehört im Universum. Noch ist es nicht geschrieben.
So beginnt meine kleine Recherche.
Der Satz klingt, als ob die unabhängige Staatsanwaltschaft plötzlich aus dem Nichts heraus eine Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) durchführte.
Oberflächlich gesehen ist es eine einfache, genauer betrachtet eine verdammt komplizierte Geschichte.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte eine Hausdurchsuchung nicht nur im BVT, sondern auch bei einem Spitzenbeamten des BVT angeordnet. Ein Journalrichter hatte sie in den Abendstunden abgesegnet, offenbar ohne sich näher mit dem Sachverhalt zu beschäftigen, wie er später zugab, schreibt Anna Thalhammer im Profil.
Das alleine bringt mich zum Kochen. Ein Richter muss so etwas abzeichnen, damit es nicht zu einer Überschreitung von Grenzen kommt und unser Rechtssystem nicht gebeugt oder gar gebrochen wird. Er oder sie darf nicht einfach ein Hakerl drunter machen und denken, es wird schon stimmen. Dann brauchen wir keine Richter, wenn er oder sie das Hirn nicht einschaltet und seiner/ihrer Aufgabe nicht nachkommt.
Anna Thalhammer, jetzige Chefredakteurin des Profils, einst selbst im Visier der WKStA schreibt in einem für mich unglaublich neutralem Ton eine fantastische Geschichte. Sie stellt wesentliche Fragen.
„Wie konnte es sein, dass die Polizisten einfach Operationsdaten anderer Länder einsehen dürfen? Wie war es überhaupt so weit gekommen? Und ich fühlte: Das ist eine politische Intrige, nur wer steckt dahinter?“
Ex-Spionageabwehrchef Bernhard P. Seine Gedanken am Abend nach der Razzia
„Ist es Zufall, dass man ausgerechnet auf P. losging, der im BVT für Russlandspionage zuständig war? Ist es Zufall, dass in den sichergestellten Daten nach Verbindungen der FPÖ, Russland und Ukraine gesucht wurde, wie aus dem Akt hervorgeht? Wollte die damals neue, politische Führung im Innenministerium vielleicht einfach nur zu gern wissen, was der Staatsschutz weiß? Weder P. noch sein Anwalt glauben noch an Zufälle. Dafür haben sie in den vergangenen Jahren zu viel gesehen.“
Viele Fragen und noch immer gibt es nicht alle Antworten. Erst nach unzähligen Berichten beginne ich nun langsam den Rahmen zu sehen. Es fügt sich. Und es fügt sich leider so, dass ich wieder bei einem meiner Lieblingsthemen lande: der Gewaltenteilung.
Es war jene Zeit, als die ÖVP kein Problem hatte, der FPÖ, genauer Herbert Kickl, das Innenministerium zu überlassen, das von 2000 bis 2017 von ihnen gestellt wurde, jene ÖVP, die die WKStA als eine Staatsanwaltschaft in roten Händen bezeichnet, weil sie Korruption in alle Richtungen untersucht (und nicht nur in Richtung ihrer Feinde). Der parteiunabhängige Justizminister in der Regierung Kurz (2017-2019) hingegen macht den Anschein, nicht die geringste Ahnung von Politintrigen gehabt zu haben.
Am Ende saßen sogar Ermittler des Innenministeriums bei der WKStA, schrieben auf Briefpapier der Justiz und benutzten ihre Mailadressen.
Die Gewaltenteilung eines demokratischen, liberalen Rechtsstaats war dadurch bis zu einem gewissen Grad schlicht abgeschafft – und niemand interessierte sich dafür.
Gewaltenteilung dient nicht hauptsächlich der Verteilung von Macht sondern viel mehr der gegenseitigen Kontrolle. Das erst macht die Stärke einer Demokratie aus. Wird die Justiz erstmal ausgehebelt, funktioniert ein demokratisches System nicht mehr richtig. Auch unter dem Nationalsozialismus gab es Gerichte, aber unabhängige Richter nicht mehr.
Nach dem Rücktritt der Türkis-Blauen Regierung drehten die Übergangsminister Clemens Jabloner (Justiz) und Wolfgang Peschorn (Innenministerium) die selbsterrichtete Justizpolizei ab, schreibt Thalhammer weiter.
Im ihrem Artikel sind fast alle meine Bedenken zur WKStA genannt. Es ist wie ein Fluch, denn die Notwendigkeit einer solchen Staatsanwaltschaft ist für mich keine Frage, aber die in meinen Augen leider zu oft dilettantischen Anklagen schaden dem wichtigen Auftrag.
Ich habe die zwei Anklageschriften Jack Smith gelesen, in denen Donald Trump auf bundesstaatlicher Ebene angeklagt wird. Die sind verständlich klar und faktenbasiert, sie werden auch sprechende Anklageschriften genannt (das wird nicht in allen Anklagebehörden der USA so gehandhabt). Sie sind so geschrieben, dass selbst ein juristischer Trottel wie ich sie verstehen kann.
Bei den Anklagen der WKStA hatte ich immer wieder den Eindruck, als ob guter altwienerischer Basena-Tratsch Eingang in die Anklageschriften findet. Schon vor dem Prozess fragte ich mich immer wieder, kommt da noch mehr? Bei den wenigen, die ich beobachtete, kam nicht mehr. Was letztendlich zu Freisprüchen führte.
Nur zum Vergleich: in den USA werden vergleichbare Prozesse zu 95% gewonnen, denn die Bundesstaatsanwaltschaft wägt nicht nur selbst ab, ob ein Prozess gewonnen werden kann, eine Grand Jury stimmt ab, bevor es zu einer tatsächlichen Anklage kommt. Dieser werden die Fakten der Staatsanwaltschaft präsentiert, erst wenn die Grand Jury bestätigt, dass genügend Verdachtsmomente bestehen, kommt es zur Anklage.
„Currently federal prosecutors tout above a 95% conviction rate. This is primarily due to the fact that most cases never make it to trial. Most defendants end up taking a plea bargain rather then risk a potentially much greater prison sentence which could be dealt them if they actual went to trial and lost.“
in 165 Fällen weitere Ermittlungsansätze zu anhängigen Ermittlungs- bzw. Hauptverfahren
bisher in mehr als 146 Anklagen:
93 Verurteilungen
35 Diversionen
36 Freisprüche
Statistisch können diese Zahlen nicht weiter verwendet werden, denn 93+35+36 ergibt 164 nicht 165. Ich habe schlicht keine Ahnung, was die Zahlen aussagen sollen. Und leider sind die wenigen Medienberichte nicht aussagekräftiger sondern gut abgeschrieben.
Außerdem, wer weiß schon, was Diversionen sind. Und ich lerne wieder einmal. „Die Diversion ist die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, bei hinreichend geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens zu verzichten. Der Beschuldigte bzw. der Angeklagte bekommt im Fall der Diversion das Angebot, sich einer belastenden Maßnahme zu unterwerfen (z.B. gemeinnützige Arbeit). Wenn ein Strafverfahren mittels Diversion beendet wird, erfolgt kein Schuldspruch und keine formelle Verurteilung. Es erfolgt auch keine Eintragung im Strafregister.“ Das ist ungefähr das, was als „Plea Bargain“ in den USA bezeichnet wird, aber ohne Eintragung ins Strafregister. So war es bei der Falschaussage von Bettina Glatz-Kremsner.
Was habe ich gelernt? Man kann der WKStA alles mögliche vorwerfen, doch waren im Falle der BVT-Razzia gewaltig politische Interessen und Manipulationen mit im Spiel. Die Vermutung vieler Journalist*innen, dass die FPÖ herausfinden wollte, was der Staatsschutz über ihre Verbindungen zu Russland weiß, erscheint mir naheliegend.
Und es tut mir leid zu sagen, dass dieser leichtfertig hingeworfene Satz eines Journalisten ist für mich untergriffig und manipulativ. Ich merke, wie sensibel ich geworden bin. Ich versuche, so wenig wie möglich und so gut ich kann, meinen und anderen Vorurteilen auf die Schliche zu kommen.
Das waren wieder mal viel Worte für eine schlichte Erkenntnis. Aber eines hat es gebracht: Dank Anna Thalhammer habe ich eine weitere Wochenzeitung abonniert.
Es ist vorbei für mich mit den mir fertig gekochten Sendungen. In einer Reihenfolge serviert, die mir in Wahrheit nie behagte, sondern hervorragend als Schlafmittel diente, weil mich gerade mal etwas nicht interessierte.
Ich wähle mir aus, was ich höre, sehe und zwar nicht in verzweifelter Suche doch einen Sender zu finden, der vielleicht etwas spielt, was ich spannend finde und in endloser Herumzipperei endete. Irgendwann ließ ich es sein. Streamen nennt man es bei Videos. Mag sein, dass andere Tanzvideos oder Musik suchen, ich schau mich um nach Politik, Archeogenetik und anderen Dingen, die ich spannend finde.
Ich höre aber auch leidenschaftlich.
Ich habe viele Podcasts abonniert, manche höre ich regelmäßig, bei anderen wähle ich nach Thema aus. Die Wissenschaftssendung des SRF, des Schweizer Rundfunks, etwa, höre ich immer gerne.
Selten gibt es aber einen Fall, bei dem ich vergleichen kann, wie die verschiedenen Medien ihre Podcasts gestalten. Egisto Ott, der österreichische „Es ist ja nicht so tragisch“ Spion, in Qualtinger Manier ein typisch österreichisches Schicksal, bietet sich wunderbar an die verschiedenen Sendungen zu vergleichen, denn der konnte von den politischen Nachrichten nicht ignoriert werden.
Vieles klingt wie vom Mittagstisch einer Zeitungsredaktion. Da tratschen zwei, die schon gestern miteinander geredet haben, sie haben ein gewisses Vorwissen und man hört vom Nebentisch aus zu. Die zweite Variante mag ich ebenso wenig, denn bei jenen entsteht bei mir der Eindruck, ein/e Lehrer*in erklärt der kleinen Ruth wie die Welt sich dreht. Früher nannte man das Oberlehrerhaft, wobei es in meiner Schulzeit schon keinen Oberlehrer mehr gab und das ist mehr als 40 Jahre her. Nicht immer ist das Format eines Gesprächs optimal.
Das ist der größte Unterschied von „Inside Austria“ zu den anderen Podcasts. Ersterer liefert immer eine gut geschnittene, äußerst informative Dokumentationen. Manche höre ich immer wieder nach, wenn die Details zu kompliziert sind, als dass ich sie mir auf einen Schwung merke.
Vielleicht ist dies der Grundton österreichischer Skandale. Es zieht sich über Jahre, manchmal Jahrzehnte, und niemand hat mehr eine Ahnung, worum es überhaupt geht. Eurofighter ist ein strahlendes Beispiel. Alles, was ich weiß, ist, dass es um den Eurofighter geht, aber sonst ist da nur ein schwarzes Loch.
Es war unter anderem aber auch Anlass Abos abzuschließen, was ich noch für eine weitere österreichische Tageszeitung (Kurier) und eine Wochenzeitung (Falter) tat. Das kostet mich weniger als der ORF-Beitrag. Ich konsumiere allerdings beim ORF am wenigsten Sendungen. Ja, ich nütze oft günstige Angebote, dafür unterstütze ich mehrere Medien. Ohne die ist Demokratie nicht möglich.