Televised – Fernsehübertragung

1979 begann C-Span Übertragungen aus dem amerikanischen Kongress, seit 45 Jahren wird nun berichtet. Natürlich hat es immer wieder Probleme gegeben und man hat Adaptierungen durchgeführt. Etwa als Newt Gingrich 1984 vor leerem Saal seine Reden hielt, da aber nur eine Kamera, die auf ihn hielt, lief, wusste die Öffentlichkeit nichts davon. Herr der Kamera war aber Tip O’Neill, Sprecher des Repräsentantenhaus und der ließ die Kamera schließlich über die leeren Bänke schwenken. Das führte damals zu einem großen Skandal. Heute gibt es mehrere Kameras, Diskussionen gibt es immer noch. Sitzungen von Untersuchungsausschüsse gibt es öffentliche und nicht öffentliche. Anwälte sitzen immer wieder neben den Zeugen.

Ein Untersuchungsausschuss lief wie ein Krimi ab, aber er war alles andere als typisch. Sie hatten tatsächlich Regisseure beschäftigt, um es spannend zu gestalten: January 6th Committee Public Hearings.

Die Sitzungen im US-Kongress sind in Realität nicht immer spannend. Aber manche Abgeordnete schicken ihre Auftritte an jene, die ihre Newsletter abonniert haben. Andere legen wirklich gute Auftritte hin, wo viel erklärt wird. Diese bekommt man doch immer wieder auch in diversen Nachrichtensendungen zu sehen. Ich kenne deshalb mehr amerikanische Politiker als in Österreich.

10 Stunden 6 Minuten und 17 Sekunden

dauerte die letzte Live-Übertragung am 17.4.2024 aus dem österreichischen Parlament im ORF. Für 30 Tage kann sie nachgeschaut werden, anscheinend ist das der Informationsauftrag, für den ich jetzt mehr zahle. Also verweise ich wieder mal auf YouTube, da stellt jemand die ORF-Übertragungen der Sitzungen ein.

5 Tage später habe ich in 3 österreichischen Tageszeitungen keine Erwähnung gefunden. (Bis auf jene Fälle, die schon vorher Thema waren, wie unser ganz spezielle Spionageaffäre) Allerdings kann man sie auf der Parlamentswebseite nachschauen, ich weiß nicht, wie lange der Link korrekt ist.

Zur Nationalratssitzung selbst habe ich 4 Videos auf YouTube gefunden.

Tja … irgendwie beschämend. Wundern sich Politiker*innen wirklich, dass sie nicht beliebter sind? Was sie im Hohen Haus präsentieren, ist so spannend, dass niemand darüber berichtet. Als ob sie in einer Blase leben und nicht verstehen, dass wir sie nicht verstehen. Wahrscheinlich hat keiner Lust sinnentleerte Reden über fertig gebackene Gesetze zu hören.

Wie seltsam anders Fragestunden im österreichischen Parlament im Gegensatz zu den USA abläuft. Bei uns von der Regierungsbank herunter, also von oben herab, während Regierungsmitglieder in den USA unten sitzen und der Vorsitzende des jeweiligen Ausschusses, der das Hearing hält, oben sitzt. Im Grunde ist dies das Ergebnis der unterschiedlichen Form der Gewaltenteilung. Die Legislative ist in den USA tatsächlich in der Hand des Kongresses, der Präsident kann „nur“ verhandeln, bei uns werden Gesetze hauptsächlich durch die Regierung eingebracht. Keine Angst, das verstehen dort wie bei uns die wenigsten.

Trotz allem plädiere ich für weitere Übertragungen. Ich will das Untersuchungsausschüsse übertragen werden.

Es ist ein Unterschied, ob ich etwas lese oder höre und sehe.

Nicht alles, was übertragen wird, ist herausragend. Aber ich habe einige Herausragende gesehen.

Ich weiß noch, wie ich mich sträubte, mir den Prozess wegen des Mordes an George Floyd anzuschauen. Wie überrascht war ich, wie ruhig der Prozess ablief, wie klar ich folgen konnte. Das war nicht wie bei den Reality-Shows, wo Anwälte wild rumschreien. Es war zivilisiert. Nur eines bedauere ich, nicht jeder Bundesstaat der USA überträgt. Deshalb wird der Prozess gegen Donald Trump im Bundesstaat New York nicht übertragen.

Der Oberste Gerichtshof der USA hat begonnen zumindest die Argumente, die vorgebracht werden, auch als Hörprotokoll zur Verfügung zu stellen.

Den Prozess in Georgia wird man sehen können, jene von Jack Smith im Auftrag des Justizministeriums nicht.

Auch wenn vielleicht nicht alles von Anfang an klappen würde, dass die ÖVP die Übertragung von Untersuchungsausschüssen wieder einmal auf die nächste Legislaturperiode nach den kommenden Nationalratswahlen verschiebt, während die anderen dafür sind (ob die FPÖ nachwievor dafür ist, kann ich heute nicht sagen. Das wird sich wohl nach Thema ändern), spricht für sich.


Hinterlasse einen Kommentar