Minority Rule – Wahlrecht

Seit bestehen der USA kämpfen Bürgerrechtsbewegungen für eine gerechtere Gesellschaft. Seit Beginn gab es diesen Zwist zwischen der Minderheit und der Mehrheit, egal was in der Verfassung steht. Auch wenn Mehrheit und Minderheit sich immer wieder verändert.

Wahrscheinlich ist das der Punkt, der mich am meisten anspricht und nicht weil alles rund läuft. Menschen, die sich für eine bessere Welt für alle einsetzen, gibt es seit dem ersten Tag, an dem die Verfassung der USA in Kraft trat. Es lief von Anfang an nicht rund, aber es gibt von Anfang an Menschen, die sich dafür einsetzen.

Das Frauenwahlrecht wurde in Österreich (1919) früher eingeführt, als in den USA (1920), uns haben 2 verlorene Kriege demokratisch ordentliche vorwärts gebracht. Aber im Grunde müssen wir es mit den zähen Entscheidungen in der EU vergleichen, in der die 100% Zustimmung zu Entscheidungen wohl das Dümmste ist, das in der EU-Verfassung steht. In den USA müssen Verfassungszusätze eine Zweidrittelmehrheit im Kongress, also Repräsentantenhaus und Senat, erreichen und von Zweidrittel der Bundesstaaten ebenfalls ratifiziert werden. Auch wenn Zweidrittel als ein derzeit als völlig unerreichbares Ziel erscheint, haben es doch 27 Zusatzartikel in die Verfassung geschafft.

Wie widersprüchlich das sein kann, zeigt der 15. Zusatzartikel:

„Das Wahlrecht der Bürger der Vereinigten Staaten darf von den Vereinigten Staaten oder einem Einzelstaat nicht auf Grund der Rassenzugehörigkeit, der Hautfarbe oder des vormaligen Dienstbarkeitsverhältnisses versagt oder beschränkt werden.“

“The right of citizens of the United States to vote shall not be denied or abridged by the United States or by any State on account of race, color, or previous condition of servitude.”

Deutsche Übersetzung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika der amerikanischen Botschaft in Deutschland, PDF-Dokument  

Nach dem Inkrafttreten des 15. Zusatzes hatten zahlreiche schwarze Männer nicht nur Zugang zum passiven sondern auch zum aktiven Wahlrecht, sie wählten und wurden gewählt, die bis heute rein zahlenmäßig nicht wieder erreicht wurde. (Männer, denn das Frauenwahlrecht wurde erst 1920 mit dem 19. Zusatzartikel von 1919 eingeführt)

Zwischen 1865 und 1880 wurden mehr Afroamerikaner in politische Ämter gewählt als in irgendeiner anderen Periode der amerikanischen Geschichte, absolut und prozentuell.

Die Desavouierung, die Unterminierung dieses Verfassungszusatzes begann zügig nach der Ratifizierung.

Diese Zeit wird als „Reconstruction“ bezeichnet, wie zynisch das klingt, wird uns, weil es eben nicht so vertraut ist, im Deutschen klar. Wiederherstellung erinnert mich mehr an die Wiedererrichtung einer Brücke, also etwas Positivem, und nicht der Zerstörung neuer Errungenschaften. Wahlsteuern, Lese- und Schreibetest, „Grandfather clause“, die zugleich verhinderten, dass Einwanderer wählen konnten, denn deren Großvater hatte eben auch nicht gewählt. Die sogenannten „Jim Crow laws“ wurden in den Südstaaten erlassen und erst in den 1960er Jahren sukzessive aufgehoben.

Beginnend mit dem 24. Zusatz, 1960, der die Wahlsteuern aufhob und schließlich mit dem „Voting Rights Act of 1965“.

Seit 2013 werden Bestimmungen dieses Gesetzes zerstört.

Beginnend mit der Bestimmung, dass Staaten, Countys und Kommunen eine Freigabe über eine Bundeseinrichtung benötigen, vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten im Fall Shelby County v. Holder für ungültig erklärt. In dem mit fünf gegen vier Richterstimmen ergangenen Urteil führte das Gericht an, dass die Festlegung, welche Verwaltungseinheiten eine Freigabe der Bundesregierung benötigen, sei nicht mehr zeitgemäß, meinte der sooft lächelnde Vorsitzende John Roberts.

Seither kommt es mehr und mehr zur Zerstörung der bereits erreichten Errungenschaften.

Im Andenken an John Lewis, der einst mit Martin Luther King für das Wahlgesetz 1965 marschierte und 2020 als Mitglied des Repräsentantenhaus verstarb, wurde 2021 das John Lewis Voting Rights Act eingebracht. Die Zustimmung von 60% ist derzeit nicht erreichbar.

Die einstige Minderheit ist heute nach wie vor Minderheit, aber das Land ist bunter geworden, die einstige Dominanz der weißen Männer wird bedroht. Alle werden auf die eine oder andere Art Minderheiten, umso mehr sollte Fairness wachsen.

Doch wer gibt schon gerne Macht ab, die weißen Männer wissen das, und arbeiten mit Kräften dagegen an, die Schieflage bei Wahlen, wie Frauen und Männern wählen, nimmt zu.

Lange vorbereitet und geplant war es im Rechtssystem, 6 der 9 Richter wurden von konservativen Präsidenten eingesetzt, 5 dieser Richter von Präsidenten, die das „Popular Vote“, also die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, verloren hatten. 3 allein von Donald Trump. Neil Gorsuch, der nachdem 293 Tage lang Obama selbst die Anhörung eines neuen Obersten Richters verweigert wurde, weil angeblich im Wahljahr kein neuer Richter eingesetzt werden sollte, denn der neu gewählte Präsident soll den Willen des Volkes umsetzen. Der gleiche Senator, der dies verhinderte, Mitch McConnell, hat Amy Coney Barrett nach 26 Tagen am 26.10.2020, während schon die Briefwahl und Vorwahlen zu den Präsidentschaftswahlen 2020 im Gang waren, bestätigt. Die in-Person-Wahl fand am 3.November 2020 statt.

Beim Grinsen von Mitch McConnell welchen tollen Coup er gelandet hat, wird mir immer wieder schlecht. Hinterfotzig.

To be continued


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